Essen ist viel mehr als nur reine Bedürfnisbefriedigung. Das weiß auch Karl Eisele, Berufstrainer für den Trainingsbereich Hotel & Gaststätten im BTZ Mainz. In seiner Rolle leitet er Teilnehmende an und vermittelt ihnen Wissen rund um Lebensmittel und deren Zubereitung.
Gerät die psychische Gesundheit aus der Balance, passiert oft das Gleiche mit der Ernährung. Bei manchen Menschen äußert sich das durch Essattacken, bei anderen durch Mangelernährung. Doch unregelmäßige Mahlzeiten und ungesundes Essen verschlechtern die Situation noch zusätzlich. Neben kognitivem Training und Achtsamkeitstraining steht im BTZ also auch Ernährungstraining auf dem Programm. Eine der wichtigsten Lektionen: Nur wenn wir unserem Körper über die Nahrung die Nährstoffe und Vitamine geben, die er braucht, kann er auch optimal funktionieren.
Anti-entzündliche Ernährung für mehr Wohlbefinden
Die eigene Zielgruppe und deren Bedürfnisse zu kennen ist für Karl Eisele ein wichtiger Teil seiner Arbeit in der Gastronomie und im Gastgewerbe. Er ist selbst in der Küche sehr experimentierfreudig, lässt sich auf Reisen inspirieren, zuletzt etwa von der ayurvedischen Küche in Sri Lanka. Als er 2018 im BTZ Mainz anfing hat er sich mit der Frage beschäftigt: Welche Lebensmittel und Ernährungsweisen sind förderlich für die psychische Gesundheit?
So kann beispielweise eine anti-entzündliche Ernährung zu einem erhöhten Wohlbefinden beitragen. Umgesetzt wird das im BTZ Mainz durch Schärfe im Essen, etwa durch Ingwer, Chili oder Gewürze aus dem asiatischen Raum wie Curry oder Kurkuma. Auch Tees (im Sommer kalt, im Winter heiß) oder Wasser mit Ingwer und Limette werden in der BTZ Kantine angeboten.
Außerdem wird mit frischen Kräutern gekocht, Zucker möglichst reduziert, zum Beispiel in dem Ketchup selbst hergestellt wird oder durch Einsatz alternativer, natürlicher Süßungsmittel. Es wird auch viel frisches Gemüse verarbeitet, was in Kombination mit Zwiebel, Chili und Knoblauch die Schärfe ins Essen bringt.
Ein Speiseplan zugeschnitten auf die Zielgruppe
Im BTZ Mainz gibt es einen wöchentlich wechselnden Speiseplan mit immer neuen, kreativen Gerichten. Jeden Tag stehen drei zur Auswahl, mindestens eine Option ist vegetarisch. (In den letzten Jahren ist hier ein klarer Trend zu beobachten: Inzwischen sind in der Regel über 50% der Bestellungen fleischlos.) Die Küche bietet bei Bedarf auch Optionen für weitere Ernährungsformen (z.B. vegan) an und achtet auf Allergien oder Unverträglichkeiten. Kommt ein Teilnehmender neu ins BTZ, wird für ihn auf Wunsch ein individueller Ernährungsplan erstellt mit Tipps, worauf geachtet werden sollte, um die körperliche und eng damit zusammenhängend auch die geistige Gesundheit langfristig zu verbessern. Um regelmäßige Mahlzeiten zu gewährleisten, gibt es auch ein Frühstücksangebot.
Neben der Frage „Was sollte ich essen?“ geht es beim Ernährungstraining aber auch um die Frage „Wie sollte ich essen?“. Regelmäßige Mahlzeiten gehören zu einer ausgewogenen Ernährung dazu. Durch gezielte Vorbereitung, Bevorratung mit bewusst zubereiteten Gerichten und gesunden Snacks kann einem Rückfall in ungesunde Ernährungsmuster in schwierigen Zeiten vorgebeugt werden. Auch das lernen Teilnehmende in der Küche im BTZ Mainz. Eine weitere Lektion: Wie durch vorausschauendes einkaufen und kreative Verarbeitung Verschwendung vermieden und so eine nachhaltigere Lebensweise erzielt werden kann.
Nachhaltiger Konsum und eine Kooperation für eine bewusstere Lebensweise
Beim Einkauf wird auf Frische, gute Qualität und gezielte Auswahl geachtet. Das bedeutet es wird saisonal eingekauft, bevorzugt bei lokalen Produzenten, etwa in der Großmarkthalle in Mainz Hechtsheim, wo auch das BTZ angesiedelt ist. In diesem Zusammenhang ist auch ein weiteres Projekt für das BTZ Mainz und das neue BTZ Kaiserslautern (Anm. d. Redaktion: geplante Eröffnung im Januar 2023) in Vorbereitung. Als Kooperationsbetrieb konnte der Schneeberger Hof gewonnen werden, ein Biobauernhof in der nördlichen Pfalz an der Grenze zu Rheinhessen.
Dort kann ein Praktikum gemacht werden das es ermöglicht noch viel tiefer in die Thematik einzutauchen und gesunde Ernährung begonnen beim Anbau kennenzulernen. Anders als bei einem klassischen Berufspraktikum sind Teilnehmende nicht für einige Wochen am Stück vor Ort, sondern besuchen den Hof über längere Zeit hinweg immer wieder. Das ermöglicht es ihnen Einblick in den gesamten Entstehungsprozess zu gewinnen: angefangen bei der Vorbereitung der Böden, über die Aussaat, Bewässerung und Pflege bis hin zur Ernte und Vorbereitung für den Verkauf. Als erste „Schnupperstunde“ besuchten einige Teilnehmende den Schneeberger Hof im September 2022 und konnten dort bei der Apfelernte mitwirken.
Auch wenn eine gesunde Ernährung sicher nur ein kleiner Baustein ist, so wird in den BTZ dennoch Wert darauf gelegt. Denn auch eine kleine Veränderung oder ein Umdenken kann letztlich zur langfristigen Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit beitragen – und genau das ist unser Ziel.